Der Brexit ist da – endlich ein Ende der Ungewissheit?
Fragen und Antworten in drei Teilen
Er wurde mit Spannung erwartet – der Brexit. Nun ist die historische Entscheidung durch die Briten gefallen und die Austrittsverhandlungen beginnen. Womit ist die nächsten zwei Jahre zu rechnen in Bezug auf Zölle, Banken und Finanzen, Wirtschaft und Personalwesen? Hier der Auftakt zu unserer 3- teiligen Reihe und heute zum Thema Zölle:
Der Brexit und die Zölle: Wer zahlt letztlich was?
Der Brexit und die Zölle: Wer zahlt letztlich was?
Alleine bis zu 24 Millionen Zollkosten mehr für die Briten werden jährlich durch den Brexit anfallen, so schätze Experte Prof. Markus Rudolf Rektor der WHU – Otto Beisheim School of Management, eine der ersten Adressen unter den europäischen Business Schools, im vergangen Jahr. Ob es sich hier auf Dauer lohnen wird, den EU-Mitgliedbeitrag zu sparen?
Rudolf geht hier von einer durchschnittlichen Zollerhöhung von 4 bis 5 Prozent aus. Dann könnte den Briten bei einem Extrazoll auf importierte Produkte, wie Parmaschinken mit 15,4 Prozent oder europäischen Äpfeln mit 8 Prozent, im wahrsten Sinne des Wortes der Appetit vergehen. Die Folge in diesen Fällen: Die Verlierer säßen zunächst auf beiden Seiten – es würde auf britischer Seite wie so oft den „kleinen Mann da unten“ als Endverbraucher treffen auf der Gegenseite die Exporteure.
Bei einem harten Brexit würde sich Großbritannien gegenüber Europa künftig wie ein Drittland stellen – also vergleichbar mit Australien, Burkina Faso oder Uganda. Die Welthandelsorganisation erlaubt keine willkürlichen Zölle. Bei einer Drittländer-Regelung würde im Automobilbereich dann ein Zoll von 10 Prozent hinzukommen – allerdings erhebt China sogar 25 Prozent. Da erscheint es dann wieder „relativ“- teurer wird der Handel in Zukunft allemal durch die zusätzlich anfallende Bürokratie.
Wie weich oder hart wird letztlich wer fallen?
Es ist bisher eher zu erwarten, dass die neuen Freihandelsabkommen eher in Richtung eines Schweizer Modells (Mitglied der EFTA-Freihandelszone) gehen werden, da bereits beim Austritt durch die Briten immer wieder das partnerschaftliche Verhältnis betont wird. Die neuen Regelungen zu Import, Export und Versand werden mit Spannung erwartet. Bereits in den vergangenen Jahren hatten die deutsche Pharma-und Automobilindustrie zweistellige Exporteinbußen zu verzeichnen. Besonders schwer dürfte es für das BMW-Produkt, den „Mini-Cooper“, werden. Weil die britische und die europäische Wirtschaft eng vernetzt sind, wartet so manch einer mit Spannung auf die Ausarbeitung der neuen Zollgesetze. Dabei liegt das Augenmerk nicht nur auf der Autoindustrie und dem Maschinenbau, die auf dieser wie auf der anderen Seite des Ärmelkanals Zulieferer und Fabriken haben.
Marcus Schüller, Partner und Berater bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erklärte gegenüber dem Handelsblatt, er gehe von einem Rückgang von Investitionen in Großbritannien durch deutsche Firmen aus. Auch Bundeswirtschaftsministerin Zypries empfiehlt deutschen Firmen aktuell Investitionen in Großbritannien genau abzuwägen. Insbesondere kleinere Firmen leiden massiv unter der nun eingetretenen Planungssicherheit. Ihnen ist längst nicht mehr damit gedient, vom Besten auszugehen – sie können sich unter Umständen eine zweijährige Übergangs- und Wartezeit jetzt schon nicht mehr leisten.
Wer soll das am Ende bezahlen?
Auch wenn die deutsche Wirtschaft bisher noch ganze sieben Prozent ihrer Warenausfuhren nach Großbritannien – seinem drittgrößten Exportmarkt – tätigt, so hält die KfW-Bankengruppe auch einen harten Brexit für verkraftbar. Sicherlich werden einzelne Unternehmen mit Fokus auf das Geschäft mit Großbritannien durchaus Auswirkungen spüren und bestimmte Branchen ihre Strategie anpassen müssen. Es ist derzeit jedoch davon auszugehen, dass die Briten selbst stärker belastet werden.
Für ein hoch entwickeltes Land verfügt die britische Wirtschaft über erstaunlich geringe industrielle Kapazitäten und ist deshalb auf Warenimporte weiterhin angewiesen. Die Briten profitierten bisher von den Freiheiten der EU nicht nur bei den Waren, sondern auch beim Kapital-, Personen- und Dienstleistungsverkehr. Und auch hier werden sich die Bedingungen durch den Brexit grundlegend ändern.
Quellen:
https://www.kfw.de/KfW-Konzern/Newsroom/Aktuelles/News/News-Details_406016.html
http://www.handelsblatt.com/my/politik/international/kpmg-experte-schueller-zum-brexit-nicht-alle-unternehmen-koennen-abwarten/19586572.html
https://www.welt.de/wirtschaft/article163244922/Das-waeren-die-Opfer-eines-harten-Brexits.html
http://www.handelsblatt.com/politik/international/brexit-referendum/brexit-news/whu-rektor-rudolf-zum-brexit-allein-24-milliarden-pfund-zollkosten/13759078-3.html
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